Digital, hybrid, virtuell – herausfordernd aber doch nicht neu! Teil 1

16. Februar 2021

Lockdown, Robert-Koch-Institut, Pandemie…, man könnte noch lange so weitermachen.  Wer hatte diese Begriffe vor einem Jahr wohl auf dem Schirm? Das Jahr 2020 hat unser Vokabular in kürzester Zeit um einige Dudeneinträge bereichert. Mittlerweile haben wir uns an sie „gewöhnt“, sie wie selbstverständlich in unseren Wortschatz integriert. Die Begriffe gehört zu haben, ist die eine Sache, ihre genaue Bedeutung zu kennen, eine andere. Durch monatelange Berichterstattung, Erklärungen und Einordnungen, meint nun jeder zu wissen, worum es sich bei diesen Begriffen handelt. Besonders für uns in der Veranstaltungsbranche ist 2020 ein Jahr der Veränderungen.

So entstehen auch innerhalb unserer Branche neue Begriffe wie „digitales Event“, „virtuelles Event“, oder gar „hybrides Event“. Was sich auf den ersten Blick alles ähnlich anhört – und auch bis heute von zu vielen immer wieder zusammengeworfen wird, brachte und bringt Unsicherheit und Verwirrung in die Branche. Auch hier hilft es, die neuen Begriffe nüchtern zu definieren, das Durcheinander zu sortieren und Thematiken zu vereinfachen.

In den nächsten Wochen werde ich in drei Teilen die wichtigsten Faktoren der unterschiedlichen Events thematisieren.

Das virtuelle Event – eine völlig neue Welt!

Virtuelle Events sind das Werk von Programmierern, Künstlern der binären Sprache. Es ist eine Veranstaltung in einer künstlichen Welt mit künstlichen Figuren (Avataren), welche ich als Veranstaltungs-Teilnehmer steuere. Als Besucher bewege ich mich z.B. mit meinem Avatar durch eine nicht reale (eben virtuelle) Welt. Für Regisseure sind diese Formate in der Regel kaum ein Betätigungsfeld, es sei denn sie kennen sich mit Einsen und Nullen aus.

Das digitale Event – Auf einmal alles anders!?

Digitale Events sind reale Veranstaltungen, die rein digital über eine Online-Plattform per Streaming verbreitet werden. Sie gelten als etwas Neues, Unbekanntes, was gestandene Agenturen und andere Dienstleister oft noch extrem herausfordert. Zoom-Calls oder Teams-Konferenzen sind kein digitales Event. Mal ehrlich, sie sind nicht mehr als technisch performte Bereichsleiter-Meetings.

Dabei sind digitale Events im Kern nicht neu. Schauen wir uns die entscheidenden Merkmale an:

  • Das Event findet in einer (Studio-)Location statt,
  • es gibt (aus Vorschrifts-Gründen) eine überschaubare Menge an Teilnehmern vor Ort,
  • das Programm ist (meist) für die Kamera gestaltet.

Das nennen wir seit 70 Jahren Fernsehen und darunter können wir uns alle etwas vorstellen. Das Produzieren und Verbreiten von Content und Botschaften aus dafür hergerichteten Studios ist keine neue Erfindung, ganz im Gegenteil, es gibt viel Knowhow, das wir uns als Branche zunutze machen können.

Es geht nicht darum, unsere Botschaften oder die unserer Kunden in die Kopie eines bestehenden TV-Formates zu pressen, sondern sich etablierte Abläufe und Strukturen abzuschauen. Unsere Aufgabe ist es aus den Erfahrungen des Fernsehens für die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kunden, das geeignete Format zu entwickeln. Das Einschalten des Fernsehers in diesen Zeiten kann eine hilfreiche Quelle der Inspiration sein.

Aber was bedeutet diese „Neuerung“ für die Inszenierung eines digitalen Events? Schauen wir uns ein paar Faktoren an, auf die ich in Beratungsgesprächen immer wieder hinweise:

Im Mittelpunkt die Kamera:

Eine statische Kamera, die immer aus der gleichen Perspektive, mit immer der gleichen Einstellung filmt, möchte niemand sehen. Unser Auge ist an sich bewegende Bilder, Umschnitte zwischen den Perspektiven und Dynamik im Bild gewöhnt. Eine hochwertige Inszenierung ist nur mit mindestens drei freien Kameras möglich.

Location:

Events brauchen Raum. Raum für Aktion, Raum vermittelt Relevanz und kann Botschaften senden. Allein zu sagen: „Herzlich willkommen aus der Stadthalle in [Name der Stadt]“, macht ein Event groß. Eine enge Studioatmosphäre lässt sich kaum vorm Zuschauer verstecken. Natürlich geht es nicht darum wie „Wetten, Dass“ aus großen Hallen und Arenen zu streamen, aber unterschwellig transportierte Atmosphäre einer Location lässt sich vor dem Publikum nicht verbergen und sollte wohl überlegt sein.

Eröffnung:

Zu Beginn einer jeden TV-Produktion steht ein Vorspann, meist eine Kombination aus animierter Grafik und einem Jingle. Selbst bei Präsenz-Events wird das häufig so gemacht. Schon damit lässt sich eine Botschaft vermitteln. Je nach Aufmachung, Wertigkeit, Auswahl von Musik und Farben, etc. können Emotionen provoziert, Spannung aufgebaut oder Interesse geweckt werden. Als Überleitung in Pausen (beim TV Werbung) und aus ihnen heraus, gibt solch ein Clip dem Event einen hoffentlich würdigen Rahmen.

Auftritt/Aktionen der Protagonisten:

Nach einem solchen Vorspann kommt, beim Präsenz-Event, für gewöhnlich der Moderator auf die Bühne. Dabei ist es für die Inszenierung z.B. relativ irrelevant von welcher Seite das geschieht und wo er sich, auf der Bühne positioniert. – allein die Licht-Crew sollte wissen, wo sie einleuchten muss. Beim digitalen Event ist es unabdingbar, genau zu wissen, in welcher Sekunde der Moderator über welchen Weg in welche Kamera sprechend sich an welche Position auf der Bühne stellt.

Regelmäßig ernte ich mit der Aufforderung, selbst kleinste Auf- und Abgänge genau zu proben, verständnislose Blicke. Die Notwendigkeit dieser Präzision – was nur mit einer angemessenen Probenzeit gewährleistet werden kann – wird häufig nicht gesehen.  

Bleiben wir beim eben genannten Beispiel und stellen uns vor, Thomas Gottschalk wäre bei „Wetten, Dass“ frei Schnauze durch das Studio gelaufen und hätte sich nicht an die abgesprochenen Wege gehalten. Jeder Schritt ist mit den Kameraleuten, den Beleuchtern, den Ton-Ingenieuren, dem Regisseur und Kollegen vom Bühnenbild abgesprochen, um ihn bestmöglich im Bild einfangen zu können. Passiert das nicht, läuft er ggf. plötzlich aus dem Bild, steht irgendwo im Dunkeln oder im Hintergrund leuchtet der Notausgang … und das in einer Live-Situation. Das sorgt nicht nur für Verwirrung und Unsicherheit im Team, sondern auch beim Publikum.

Bis hierhin zeigt sich: Digitale Events sind mehr als ein abgefilmtes Präsenz-Event, genau so wie bei einer TV-Produktion nicht „einfach abgefilmt“ wird, was im Studio oder auf der Bühne passiert.

Natürlich gehören mehr Faktoren zu diesem Thema als in einen Artikel passen. Was sind neue Herausforderungen für Speaker oder andere Protagonisten? Was sind Möglichkeiten und Limits der speziellen Technik?

To be continued…

Hier gehts zu Teil 2

Hier gehts zu Teil 3

 

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